Radio-Meteorbeobachtung mit SDR-Empfängern am Beispiel der Perseiden- und Quadrantidenschauer

Radio-Meteorbeobachtung mit SDR-Empfängern am Beispiel der Perseiden- und Quadrantidenschauer
Von Fred Espey – DG8OV
Neben der visuellen Beobachtung von Meteoren am wolkenlosen, nächtlichen Himmel gibt es die Möglichkeit auf radioastronomischem Wege Meteore nahezu wetterunabhängig zu beobachten. Dieser Artikel beschreibt den Aufbau und Betrieb einer automatisierten Meteor-Empfangsstation in einer Sternwarte bzw. für den mobilen Einsatz bei Beobachtungsabenden. Mit SDR-Empfängern, SDR steht für Software Defined Radio, und einer 2-m-Yagiantenne sowie entsprechender Aufzeichnungs- und Analyse-Software werden die Meteorsignale auf einem Laptop aufgezeichnet und ausgewertet. Einige Grundlagen zur elektronischen Meteoritenzählung und zur Auswertung von Ergebnissen bilden den Einstieg in das Thema.
 
Viele kennen sicherlich die visuelle oder fotografische Beobachtung von Meteoren, die jedoch stark wetterabhängig ist; Tageslicht, Wolken oder Dunst können eine Beobachtung nahezu unmöglich machen. Meteore lassen sich aber auch unter einer geschlossenen Wolkendecke beobachten. Dies funktioniert mittels Empfang von Radiowellen, die von Meteoren nach dem Radio-Echo-Verfahren reflektiert werden. Dieses Prinzip wird u. a. seit 2005 beim GRAVES-Weltraumradar zur Bahnbestimmung künstlicher Satelliten eingesetzt. Ähnlich wie bei der VLF (Very Low Frequency)-Radioastronomie (Frequenzbereich von 3 bis 30 kHz) und dem Sonnen- und Ionosphären-Monitoring nutzt man bei der Meteorzählung Vorgänge in der Ionosphäre, die beim Eintritt von Meteoren in die Erdatmosphäre auftreten. Ergebnisse lassen sich dabei nicht nur bildlich als Spektrogramme darstellen, sondern es können gleichzeitig Audiosignale als WAV-Dateien aufgezeichnet werden. Zunächst möchte ich noch einige astronomische Definitionen und grundsätzliche Informationen zum Meteorempfang geben. Näheres hierzu findet man im Detail sehr ausführlich beschrieben unter [1], [2] und [3].
 
Die meisten Meteoroide sind Fragmente von Kometen, die während der Sonnennähe durch den Sonnenwind große Mengen an Staub und Gasen verlieren. Als Meteor wird dabei die Leuchterscheinung beim Eindringen eines Meteoroiden in die Erdatmosphäre bezeichnet. Diese dann sichtbaren sehr schnell über den Nachthimmel ziehenden hellen Lichtstreifen bezeichnet man landläufig auch als Sternschnuppe. Nicht vollständig verglühte Bruchstücke können dabei auf dem Erdboden aufschlagen, man nennt sie dann Meteorite. 
 
Das Eindringen der fremden Partikel in die Erdatmosphäre ist mit entsprechenden Begleitleuchterscheinungen verbunden. Wenn ein Meteoroid in die dichteren Schichten der Erdatmosphäre eindringt, entzündet er sich durch die Reibungswärme, bis er brennend vollkommen verdampft und eine Spur ionisierten Gases erzeugt wird. Es findet allerdings keine Oxidation (Brennen) im eigentlichen Sinne statt sondern eine Ionisation des Abtrages vom Meteoroiden und der Luftmoleküle. 
 
Schaut man sich die Häufigkeit der Meteore in Abhängigkeit von der Tageszeit an, zeigt sich, dass zur Zeit des Sonnenaufgangs besonders viele im interplanetaren Raum befindliche Teilchen durch die Erde eingefangen werden und die Zahl der Meteore damit am größten ist. Die Erdrotation bewirkt somit eine Modulation der Anzahl der täglichen Echos. Auch von Tag zu Tag ist die Häufigkeit der Meteore verschieden. Das liegt daran, dass die Erde auf ihrer Bahn um die Sonne im Laufe des Jahres auf eine unterschiedliche Dichte der Partikel stößt. Hieraus lässt sich auch eine gewisse Jahresmodulation nachweisen, die durch die Verteilung der Kometenbahnen um die Sonne für die umlaufende Erde vorgegeben wird. Eine Übersicht der periodisch wiederkehrenden Meteorströme ist unter [4] zu finden.
 
Der Meteoroid selbst und die hinterlassene Spur von ionisiertem Gas sind in der Lage Radiowellen zu reflektieren oder zu streuen, was wir uns bei der Meteor-Radioastronomie zunutze machen. Die Reflexionsdauer kann dabei abhängig von der Größe des Körpers von einigen Sekundenbruchteilen bis zu mehr als zwei Minuten andauern. Dieses Phänomen tritt in einer Höhe zwischen 80 und 120 km mit einer hohen Geschwindigkeit von 10 bis 70 km/s auf. Die schnelle Bewegung des reflektierenden Objekts verursacht dabei eine Doppler-Verschiebung, ähnlich dem akustischen Gegenstück eines sich bewegenden Martinshornes. Die Verschiebung wird dann im Spektrum als Frequenzänderung sichtbar. Die Länge eines solchen Radio-Meteor-Echos ist abhängig von der Dauer der Ionisation. 
 
Zum Empfang der Reflexionen an Meteoren braucht man einen starken UKW-Sender, der aufgrund der Erdkrümmung ab einer Entfernung zwischen 300 und 1000 km nicht direkt zu empfangen ist. Diese Methode wird als Vorwärtsstreuverfahren bezeichnet, wobei das gesendete Signal nur über den Ionisationsweg eines Meteors kurzzeitig empfangen wird. Ich habe für meine Empfangsstation den Weltraum-Radar-Sender GRAVES in Dijon, Frankreich verwendet. Dieser Sender liegt von meinem Standort Hildesheim in etwa 640 km Entfernung und sendet mit einer konstanten Leistung von 767 kW rund um die Uhr ein Dauersignal auf der Frequenz 143,050 MHz. Diese Frequenz nahe dem unteren Ende des 2-m-Amateurfunkbandes erlaubt es mir außerdem für meine Versuche ohne große Anpassung Yagi- oder Groundplane-Antennen für das 2-m-Band (144 bis 146 MHz) zu verwenden. Zum Empfang der Radiosignale werden in der Regel SSB (Single-Sideband Modulation) - Empfänger mit einer typischen Bandbreite von 2,4 kHz verwendet, womit bereits ein sehr gutes Nachweisniveau (hohe Empfindlichkeit) erreicht wird. Die Reflexionen können als unmodulierte Pfeiftöne gehört werden.
 
Groundplane und Yagi-Antenne für den Empfang
 
Meine ersten Empfangsversuche begann ich mit einer selbstgebauten 2-m-Groundplane-Antenne nach DC9VC [5] (Abb. 1). Abgestimmt habe ich die Antenne auf eine Frequenz von 143 MHz, passend für den Empfang des GRAVES-Senders. Montiert auf einem 6 m hohen Steckmast aus glasfaserverstärkter Kunststoff (GFK) und verbunden durch eine ca. 10 m lange Koaxialkabel-Verbindung vom Typ RG 213 konnte ich das Empfangssignal in meiner Radio-Sternwarte weiterverarbeiten. Der Empfang war durchaus zufriedenstellend, aber für einen dauerhaften Betrieb fehlte es etwas an Verstärkung; eine Antenne mit Richtwirkung schien die bessere Wahl zu sein.
Abb. 1: Selbstgebaute 2-m-Groundplane
Nach kurzen Tests stellte ich daher den Betrieb auf eine Yagi-Antenne um. Ich verwende seither eine kommerzielle 5-Element-Yagi-Antenne (Abb. 2) für das 2-m-Amateurfunkband ohne Veränderung am Aufbau der Antenne, die darüber hinaus mit etwa 9 dB einen ordentlichen Antennengewinn verspricht. Die 143 MHz des zu empfangenden GRAVES-Signals lassen sich damit ohne weiteres noch abdecken, ohne dass man die Antenne auf die spezielle Frequenz anpassen müsste. Die Antenne wurde in Vormastmontage mit einer Neigung von etwa 20° an einem 6-m-GFK-Mast montiert und auf den GRAVES-Sender in Richtung SSW ausgerichtet. Die vorhandene Koaxial-Kabelverbindung vom Typ RG 213 konnte ich wieder verwenden.
Abb. 2: 5-Element Yagiantenne in Vormastmontage für den Stationsbetrieb
Für den Mobilbetrieb der Empfangsstation, z.B. bei Beobachtungsabenden unseres Vereins, verwende ich zusätzlich noch eine 4-Element-Vormast-Yagi-Antenne auf einem mobilen Stativ mit GFK-Rohr (Abb. 3, Abb. 4). Sie ist ebenfalls mit einer leichten Neigung versehen und kann dank des drehbaren Aufbaus leicht in die gewünschte Richtung gestellt werden.
Abb. 3: 4-Element Yagiantenne in Vormastmontage für den Mobilbetrieb 
Wer keine kommerzielle Antenne verwenden möchte, kann sich diese natürlich auch selbst herstellen. Geeignete Bauanleitungen findet man im Internet.
 
Die Empfänger
 
Erste Empfangsversuche habe ich 2016 mit dem PC-Breitbandempfänger IC-PCR1000 von ICOM durchgeführt. Er bot hierfür ideale Voraussetzungen, konnte man ihn doch über den PC direkt steuern und das Allmode-Gerät erzeugte an einer entsprechenden Ausgangsbuchse die NF-Signale zur Weitergabe an eine PC-Soundkarte. Eine Überprüfung der Empfangseigenschaften zeigte jedoch, dass der Empfänger für die Modulationsarten SSB/CW völlig taub war, ein Empfang war nur auf FM und AM möglich. Daher ist er für den Meteorempfang nicht geeignet. Auch ein zweites Gerät dieses Typs hatte das gleiche Problem. Ich ging also dazu über, mich auf die klassischen Breitbandempfänger zu konzentrieren. Mein IC-R7000 von ICOM zeigte sehr gute Empfangseigenschaften. Als Allmode-Gerät bot er die Modulationsart SSB und die NF-Signale konnten über die integrierte Kopfhörerbuchse direkt auf eine Soundkarte des Computers gegeben werden. Ein wesentlicher Nachteil dieses Gerätetyps ist allerdings das eingebaute Netzteil, was im Dauerbetrieb zu einer enormen Wärmeentwicklung führt und der Empfänger daher zur Frequenzdrift neigt. Die Deaktivierung des 220V-Netzteils und Umstellung auf 12V-Betrieb zeigte erhebliche Verbesserungen. Das Gerät wurde nicht mehr so warm und zeigte eine bessere Frequenzstabilität. Ein zweiter Punkt, der hier noch genannt werden sollte, ist die eingebaute automatische Verstärkungsregelung (AGC). Diese sollte in jedem Fall umgangen werden, da sie für den Empfang von Meteorsignalen nicht notwendig ist. Ein weiterer Empfänger, der eine Zeitlang bei mir zum Einsatz kam, war der Yaesu FRG 9600. Er bot eine ausreichende Empfindlichkeit in dem zu empfangenden Frequenzband und hatte den Vorteil, dass
 kein 220V-Netzteil im Gerät eingebaut war. Im vorgesehenen 12V-Betrieb blieb die eingestellte Frequenz stabil und es zeigte sich kaum Wärmeentwicklung. Nach einigen Monaten Dauereinsatz unter Sternwartenbedingungen mit schwankenden Temperaturen zeigten einige Module des Empfängers irreparable Defekte, so dass der Betrieb mit diesem Empfänger eingestellt wurde. Diese 30 Jahre alten Geräte sind für einen Dauerbetrieb nur bedingt geeignet und brauchen eine möglichst konstante Umgebungstemperatur, um länger zu halten.
 
Da sich mittlerweile die SDR-Empfänger-Technik sehr stark weiterentwickelt hatte, habe ich Anfang 2017 einige dieser Empfänger für den Meteorempfang getestet, um den kontinuierlichen Betrieb wieder aufnehmen zu können. Zwei davon sind noch heute bei mir im Dauer- bzw. Mobileinsatz und mit etwa 25 bis 35 € deutlich preiswerter als o. g. Breitbandempfänger. Mit einer direkten Steuerungsmöglichkeit über den PC, einer sehr guten Empfindlichkeit und Frequenzstabilität bieten sie außerdem noch den Vorteil einer einstellbaren HF-Verstärkung, also alles was man für den Betrieb braucht. Die Zusammenstellung in Tab.1 zeigt die von mir getesteten Geräte sowie nach meiner Einschätzung deren Vor- und Nachteile für den Einsatz als Empfangseinheit für Meteorsignale.
Tabelle 1: Getestete und verwendete SDR-Empfänger
Auf Grund der geringen Wärmeentwicklung im Dauerbetrieb verwende ich in der Sternwarte seit geraumer Zeit den RTL-SDR.COM V.3. Das Gerät läuft nunmehr seit vielen Monaten ohne Probleme und wurde lediglich mit einem zusätzlichen Kühlkörper zur besseren Wärmeableitung versehen. Für den Mobilbetrieb verwende ich den NooElec NESDR Smart. Bei kurzzeitigem Einsatz zeigten sich keinerlei Probleme im Betrieb, wobei die anderen von mir getesteten Geräte genauso geeignet sind.
 
Beide bei mir im Einsatz befindliche SDR-Empfänger (Bezug über einschlägige Internet-Händler) können mit der frei verfügbaren Software SDR# [6] betrieben werden. Bevor der SDR-Empfänger am PC funktioniert, muss der erforderliche Treiber über die Software ZADIG installiert werden. Wie das funktioniert wird sehr ausführlich auf der unter [7] genannten Internetseite beschrieben und soll an dieser Stelle nicht weiter behandelt werden. Nachdem nun der SDR-Empfänger vom PC erkannt wird, kommt die Steuerungssoftware SDR# zum Einsatz, die unter [8] heruntergeladen werden kann. Eine kurze Beschreibung in Deutsch findet sich u. a. auf [9]. Die für den Meteorempfang notwendigen und wichtigsten Einstellungen in SDR# sind in Tab.2 kurz beschrieben, wobei die in der Software gemischt verwendeten englischen und deutschen Schlüssel angegeben sind. Damit sollten eintreffende Signale bereits in der Wasserfall-Darstellung in SDR# sichtbar werden. Für die Weiterleitung des Empfangssignals von SDR# zur entsprechenden Auswertesoftware ist noch eine virtuelle Verbindung zwischen den Programmen erforderlich. Hierfür verwende ich die Software VB-Audio, die man unter [10] findet. Nach Installation der Software erscheinen in der Sound-Systemsteuerung des PC’s unter <Wiedergabe und Aufnahme> jeweils die neuen Einträge <Cable Input> und <Cable Output>. Damit sind die Voraussetzungen zur Signalweitergabe zwischen den verwendeten Programmen gegeben. In SDR# wird jetzt im Menü <Audio> als Output <MME-Cable Input (VB-Audio-Virtual C)> gewählt, womit SDR# das Audiosignal an das virtuelle Kabel zur Weiterverarbeitung gibt. Die Auswertesoftware verwendet als Input das Eingangssignal von VB-Cable, womit die Verbindung beider Programme hergestellt ist.
Tabelle 2: Wesentliche Einstellungen in SDR#
PC-Betrieb
 
Für den ununterbrochenen Stationsbetrieb kommt bei mir ein lüfterloser Mini-PC zum Einsatz. Hiermit wird ein möglichst geringer Stromverbrauch und eine funktionierende WLAN-Verbindung für die Bereitstellung von Daten im Internet realisiert. Beim Mobilbetrieb mit einem Laptop sind eine lange Akkulaufzeit, sofern keine 220V Netzspannung vorhanden ist, und eine SSD-Festplatte von Vorteil. Um bei Dauerbetrieb keine Sommer-/Winterzeit-Umstellung vornehmen zu müssen bzw. Datensätze von unterschiedlichen Empfangsstationen besser vergleichen zu können, sollten die Systemuhren auf UTC umgestellt werden. Außerdem ist eine Zeitsynchronisation über das Internet von Vorteil, um auch sekundengenaue Auswertungen vornehmen zu können. Die Datenarchivierung erfolgt in vorgegebenen Verzeichnissen, die einmalig angelegt werden müssen und beim Mini-PC, der als Server-PC fungiert, zusätzlich in einer SQL-Datenbank. Abb. 5 zeigt einen Stationsüberblick und das Zusammenspiel der einzelnen Komponenten.
Abb. 5: Stationsüberblick der Meteorstation
Datenerfassung und Auswertung
 
Neben dem Empfang der Meteorsignale bildet die Anzeige und Auswertung der Signale einen wesentlichen Bestandteil einer Meteor-Empfangsstation um aussagekräftige Informationen aus den Meteorbeobachtungen zu gewinnen. Hierzu zählen neben der Signaldarstellung als Spektrogramme (Signalstärke über die Zeit in Farbdarstellung) auch die Zählung der einzelnen Meteorpings pro Zeiteinheit. Parallel dazu erfolgt eine Aufzeichnung der Meteorsignale in Audioform als WAV-Dateien. Beim Empfang ist darauf zu achten, den Empfänger möglichst von Umwelteinflüssen und ihren Änderungen zu schützen, da z.B. große Temperaturunterschiede die Frequenzmessung beeinflussen können. Aus den aufgezeichneten Daten lassen sich verschiedene Informationen über die einzelnen Meteore ableiten. Die Zahl der reflektierten Signale pro Stunde sagt etwas über die auftretenden Meteoraktivitäten aus. Die Intensität (Dauer eines Meteor-Events) des eintreffenden Meteors spiegelt sich dabei in der Länge des aufgezeichneten Signals wieder. Auch lässt sich aus der Stärke und Form des Signals ableiten, ob ein Meteor auf dem Weg durch die Atmosphäre teilweise verglüht, in verschiedene Bestandteile zerfällt oder explodiert. 
 
Für die eigentliche Aufzeichnung und Zählung der Signale verwende ich die allgemein verbreitete Software SpectrumLab, eine freie Version in der jeweils aktuellen Fassung ist unter [11] zu finden. SpectrumLab führt eine Frequenzanalyse des Signals durch und zeichnet entsprechende Ergebnisse auf. Das Script ist dabei so parametriert, dass es den Unterschied der Intensität zwischen Hintergrundrauschen und Signalping misst und bei 15 dB Abweichung aktiv wird. Störquellen wie Flugzeuge, ISS, Satelliten und sogar der Mond bleiben dabei unberücksichtigt und werden nicht als Meteorpings identifiziert. Starke Sonnenaktivitäten können allerdings die Zählungen ebenso beeinflussen wie vorbeiziehende Gewitterfronten.
 

 
 Bei jedem erkanntem und gezähltem Signal wird automatisch eine Bilddatei im PNG-Format erzeugt und in einem vorgegebenen Dateiverzeichnis abgespeichert. Stündlich wird die Zählung zu einem Stundenwert zusammengefasst. Abb. 6 zeigt ein Beispiel für einen automatisch erzeugten und abgespeicherten Screenshot des Perseidenschauers am frühen Abend des 11.08.2018, mit einem größeren Meteor, der fortschreitend verglüht. Unten links findet man dabei Datum und Zeitstempel, vertikale Linien bilden die Zeitschiene im Minutenraster und auf der rechten Seite findet man den Signalpegel. Außerdem erzeugt die Software eine Datendatei mit Zeitstempel und Intensität des Signals, die zur weiteren Verarbeitung über ein Transferprogramm zyklisch in eine Datenbank übertragen werden. Diese Datei wird ebenso in einem Dateiverzeichnis abgelegt wie die bereits erwähnte Audiodatei. Abb. 7 zeigt einen Ausschnitt des Quadrantiden-Schauers am frühen Morgen des 04.01.2019, wieder mit einem größeren Meteor.
Abb. 6: Perseidenereignis am frühen Abend des 11.8.2018, mit einem größeren Meteoriten, der fortschreitend verdampft
Sehr häufig findet man in diesen Spektrogrammen kleine Punkte, die durch Mikrometeore verursacht werden. Die Ionisationsspur ist dabei nur von kurzer Dauer, die Objekte dringen wohl nicht sehr weit in die Atmosphäre ein. Vertikale Linienspuren, wie in Abb. 7 zu sehen, findet man ebenfalls häufig in den Aufzeichnungen. Hierbei handelt es sich wahrscheinlich um schnell verzögernde Meteore mit deutlichen Anzeichen einer Doppler-Verschiebung, die nicht sofort explodieren (s. Anmerkungen oben zu den physikalischen Prozessen). Sie dringen schnell in die Atmosphäre ein bevor sie vollständig verglühen. Eher selten findet man L-förmige Spuren, einer Kombination aus vertikaler Linienspur gefolgt von einer durchaus auch länger, anhaltenden horizontalen Spur. Wahrscheinlich handelt es sich um einen eindringenden Meteor, der in der Atmosphäre explodiert. Ein Beispiel hierfür ist ebenfalls in Abb. 7 zu sehen.
Abb. 7: Quadrantiden-Schauer am frühen Morgen des 4.1.2019, wieder mit einem größeren Meteoriten
Ein sehr seltenes Ereignis, sowohl visuell als auch im Radiobereich, sind die Feuerbälle. Die charakteristische Struktur eines solchen Ereignisses mit einer Dauer von über einer halben Minute beim Eintritt in die Atmosphäre in der Nacht vom 11. auf den 12.08.2016 zeigt das Spektrogramm in Abb. 8. Weitere Kategorisierungen von Radio-Meteor Spektrogrammen findet man unter [12].
Abb. 8: Die charakteristische Struktur eines Feuerballs beim Eintritt in die Atmosphäre in der Nacht vom 11. auf den 12.8.2016
Um nun eine quantitative Aussage über die Anzahl der Meteorereignisse pro Stunde machen zu können, verwende ich die Software Colorgramme, die in der aktuellen Fassung unter [13] zu finden ist. Diese Software greift bei der Auswertung auf die über SpectrumLab erzeugten RMOB (Radio Meteor Observing Bulletin) - Dateien zurück und erzeugt daraus eine farblich abgestufte stündliche Darstellung der Meteorereignisse für jeden Monat. Die Daten werden wie beispielhaft für den  31.12.2018 mit Tagesprofil, Monatsübersicht sowie einigen Benutzerdaten in Abb. 9 dargestellt stündlich abgerufen, aktualisiert und dem RMOB-Netzwerk [13]  zur Verfügung gestellt.
Abb. 9: Beispielhafte Auswertung vom 31.12.2018 mit Tagesprofil, Monatsübersicht und einigen Benutzerdaten
Sehr schön ist dabei in der Monatsdarstellung das Maximum der Geminiden am 14. Dezember um 5:00 Uhr UTC mit insgesamt 106 gezählten Ereignissen zu sehen.
 
In den Abb. 10 bis 12 habe ich zum Vergleich die Januar-Auswertung der Jahre 2017 bis 2019 gegenübergestellt. Hier zeigt sich sehr deutlich das Maximum der Quadrantiden jeweils in den frühen Morgenstunden des 3. bzw. 4. des Monats. Was man außerdem anhand dieser Auswertungen recht gut erkennen kann, ist – die Eingangs beschriebene – Variation der Meteorereignisse in Abhängigkeit von der Tageszeit.
Abb. 10: Auswertung Januar 2017 mit Maximum der Quadrantiden
Abb. 11: Auswertung Januar 2018 mit Maximum der Quadrantiden
Abb. 12: Auswertung Januar 2019 mit Maximum der Quadrantiden
Eine weitere Art der Zählung und Auswertung von Radiometeoren bietet die Python 3-basierte Software MeteorLogger, die ich seit Anfang 2019 parallel verwende. Hierbei wird, nicht wie bei SpectrumLab ein Radiometeor-Signal auf Basis eines Amplitudenschwellwertes detektiert, sondern auf dessen Signatur im Frequenzbereich. Eine Anpassung der Programmfunktionen ist über die Menüleiste möglich. Außerdem wird hierüber die Signalquelle ausgewählt, in meinem Fall <Cable Input>. Die Beschreibung der vielfältigen Möglichkeiten zur Zählung und Auswertung würde den Rahmen dieses Artikels sprengen und daher verweise ich auf die Ausführungen unter [1]. Hier findet man neben ausführlichen Beschreibungen zu den Programmfunktionen und einer Möglichkeit zum Download der notwendigen Programme und Scripte eine detaillierte Installationsanleitung für Python 3 und der erforderlichen Module. Bei mir hat die Installation auf Anhieb funktioniert und das Tool zeichnet seitdem kontinuierlich Daten auf. Die Besonderheit bei der Aufzeichnung ist die kontinuierliche numerische Ausgabe des detektierten Signals mit sehr hoher zeitlicher Auflösung. Spektrogramme werden nicht angezeigt. Abb. 13 zeigt einen Screenshot der Software MeteorLogger nach dem Start des Monitorings
Abb. 13: MeteorLogger im Monitoring-Einsatz mit Darstellung kontinuierlicher Signale
Darüber hinaus nutze ich noch die ebenfalls Python 3-basierte Nachbearbeitungs-Software ProcessData (Abb. 14), mit der es möglich ist, Rohdaten zu verarbeiten, zu betrachten, zu analysieren und zu exportieren. Als Basis dienen die von MeteorLogger erzeugten Rohdaten, die kontinuierlich in einer CSV-Datei abgelegt werden. Neue Daten werden dabei immer an eine bestehende Datei angehängt. Bei jedem Neustart von MeteorLogger startet die Meteornummer (laufende Nummer der aufgezeichneten Meteorereignisse) wieder bei 1. Dies soll sicherstellen, dass man Programmunterbrechungen im Datensatz schnell erkennt. Beim Einlesen der Daten in ProcessData wird der Datensatz auf eine durchgehende aufsteigende Nummerierung geprüft und ggf. neu durchnummeriert. Abb. 14 zeigt einen Screenshot von ProcessData mit Aktivierung der Funktionen <Reduce Interference> (Ausfiltern von Störsignalen) und <Conflate> (Korrektur von Signalen, die einem starken Fading ausgesetzt waren). Das Ergebnis ist im unteren Teil des Bildes sichtbar.
Abb. 14 ProcessData im Einsatz für die Nachbearbeitung von Rohdaten
Unter dem Menüpunkt <Functions> habe ich danach beispielhaft den Punkt <Hourly Count Rates> ausgewählt und im Ergebnis die korrigierte stündliche Meteor-Rate grafisch dargestellt. Abb. 15 zeigt einen vergrößerten Teil der Gesamtauswertung für die Tage vom 21.01. – 25.01.2019.
Abb. 15.: Auswertung der bereinigten, stündlichen Meteor-Rate, Ausschnitt vom 21.1. – 25.1.2019
Ich konnte an dieser Stelle leider nur einige Funktionen darstellen und kurz beschreiben, für weitere Auswertungen bieten sich noch diverse Möglichkeiten, die man einfach mal ausprobieren sollte. Alles in Allem bilden die beiden Programme ein sehr gutes Komplettpaket, um nicht nur quantitative sondern auch qualitative Aussagen zu Radiometeoren zu erhalten.
 
Radioastronomische Aufzeichnung in Verbindung mit Videobeobachtung von Meteorschauern
 
Eine interessante Beobachtungsmöglichkeit ist die Aufzeichnung von Meteor-Spektrogrammen mittels SDR-Empfänger parallel zur Videobeobachtung mit Hilfe einer AllSky-Kamera. Im Rahmen einer Beobachtungsnacht am 11.08.2018 der Hildesheimer Gesellschaft für Astronomie (HiGA) haben wir diese Beobachtungen beim Perseidenschauer den interessierten Besuchern auf unserem zukünftigen Sternwartengelände in Lechstedt vorführen können. Dabei lief auf dem einen Laptop die radioastronomische Aufzeichnung der Meteorsignale mit entsprechenden Spektrogramm-Darstellungen und parallel dazu wurde auf einem zweiten Laptop das Live-Videobild einer AllSky-Kamera gezeigt und aufgezeichnet. Anhand der sich aufbauenden mehrere Sekunden dauernden Meteorsignale konnte mitunter auf dem zeitgleichen Videobild der visuelle Meteorverlauf mit verfolgt werden und man hatte somit einen guten Indikator dafür, wann am Himmel eine Meteorbahn zu beobachten sein sollte. Einige deutliche Meteorspuren konnten somit am Himmel direkt und auf Video verfolgt und nachgewiesen werden. 
 
Literatur und Weblinks (Stand: April 2019)
 
[1] Wolfgang Kaufmann: http://www.ars-electromagnetica.de/robs/index.html
[2] Prof. Dr. Klaus von der Heide: Die Geometrie von Meteorscatterverbindungen, http://www.ars-electromagnetica.de/robs/Media/MS_Geometrie.pdf
[3] Jean-Louis Rault: Meteor Science using Radio, 2015 IMO (International Meteor Organisation), https://proamwetal-2015.sciencesconf.org/conference/proamwetal-2015/pages/Meteors_radio_Giron_201 5_JLR.pdf
[4] Wikipedia, Liste von Meteorströmen, https://de.wikipedia.org/wiki/Liste_von_Meteorstr%C3%B6men
[5] Dieter Heyland, DC9VC: CQ DL Spezial UKW-Antennen, Seite 86
[6] Airspy, https://airspy.com/download/
[7] https://www.ocinside.de/modding/sdr_anleitung_d/3/
[8] https://airspy.com/download/
[9] http://lutz-baer.homepage.t-online.de/files/sdr_anleitung_deutsch.pdf
[10] https://www.vb-audio.com/Cable/index.htm
[11] https://www.qsl.net/dl4yhf/spectra1.html
[12] Philip, G0ISW, https://www.qsl.net/g0isw/
[13] http://www.rmob.org/livedata/main.php
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